Tag 9
Als ich heute Aufstand, sahs Nidia bereits an ihren Rechner und verteilte die Schulaufgaben und Anleitungen an ihre Schüler. Gegen 11:00 Uhr fuhren wir mit einem Taxi los. Unser Gepäck, zwei Rucksäcke und die Rosen, gut verpackt und verschnürt in einem Paket aus Plaste. Wir wollen nach Turbaco, ca. 180km von der Landesgrenze auf kolumbianischer Seite entfern. Da die Landesgrenzen gesperrt für den Personenverkehr wegen Corona will Nidia einen sogenannten „illegal legale“ Grenzübergangsstelle benutzen. Darauf bin ich sehr gespannt. Sie versprach mir auf alle Fälle sehr viel Spaß. Das Taxi fuhr nordwärts aus der Stadt und folgte einer unbefestigten Schotterstraße durch den Urwald. Ich musste feststellen, es herrschte reger Verkehr. Oft mussten wir den entgegenkommenden Fahrzeugen in riskanter weiße ausweichen. Es kam uns alles Mögliche entgegen. Von Motorrad über PKW, Taxi, Geländewagen bis zu kleinen LKWs. Nach einer etwa 30-minütiger Fahrt erreichten wir unseren Bestimmungsort, den Fluss Rio San Miguel.
Ich war auf vieles vorbereitet, aber auf das was ich hier sah nicht. Es herrschte ein Treiben wie auf den Marktplatz. Der Fluss führte wenig Wasser, so das ein breiter Kies- und Geröllstrand den Wasserlauf begrenzte. Der Fluss wurde durch eine Insel verzweigt. Kanus kamen und fuhren ab wie am Fließband. Vollbeladen mit Menschen, Waren und sogar Motorräder wegselten das Ufer. Am Straßenrad zwei Imbissbuden, weiter in den Wald hinein Sitzbänke und selbst gezimmerte kleine Hütten. Zwischen den Bäumen Hängematten.
Nidia ließ nicht viel Zeit verstreichen. Ich konnte aus ihren Verhalten entnehmen das sie nicht das erste Mal hier ist. Kurze Diskussion mit einer älteren eingeborenen Frau über den Fahrpreis und Bezahlung konnten wir das schwankende schmale Kanu mit unserem Gepäck betreten. Ohne Zeitverlust legte auch schon das Boot ab und wir fuhren einige Meter parallel dem Flussufer abwärts entlang, bis der Motor angeworfen wurde. In einen großen Bogen erreichten wir nach wenigen Minuten den Schotterstrand an der anderen, der kolumbianischer Seite. Auch hier reger Verkehr. Dutzende Taxis, Kleinbusse und Motortaxi warteten auf ihre Kunden. Nidia wandte sich nach dem Ausstieg sofort an einem Taxi. Ihre Verhandlungen hatten wohl Erfolg, so dass wir einstiegen und den Ort verlassen konnten. Nach 500 Meter angedeuteter Fahrweg erreichen wir die asphaltierte Fernverkehrsstraße 45 der das ganze Land, bis Santa Marta durchzieht. So kenne ich den Anfang und Ende dieser Straße.
Dieser folgen wir bis zu einer Tankstelle bei Puerte Colon wo wir aussteigen durften. Ein wenig unbeholfen stand ich da ca. fünf Minuten herum, bis ein zweites Taxi hielt. Beide Taxifahrer tauschten sich aus. Unserer übergab den kommenden ein paar Geldscheine und verabschiedete sich bei uns. Wir stiegen in das neue Fahrzeug ein und weiter ging es Richtung unseres Ziels. Die Strasse sehr gewöhnungsbedürftig. Asphalt wechselt sich wiederkehrend mit Schotter ab. Die Schönheit der Natur entschädigt jedoch das geschüttelte. Regenwald, das satte Grün, knallrote Blüten, dazwischen Bachläufe und kleine Tümpel. Ich kann mich kaum satt sehen.
Nach etwa 15 Minuten erreichten wir den Ort La Dorada, Putumayo. Wir fuhren durch den belebten Ort hindurch. Ein Geschäft nach dem anderen, im typischen Tante Emma Stiel und bunte Auslagen an der Strasse. Nach 20 Minuten kommen wir am Ziel unseres Taxis , am Busbahnhof La Hormiga an. Wir konnten sofort in einen kleinen Überlandbus der Maximal für 10 Personen zugelassen ist umsteigen. Wir waren Person 11,12 und 13. Die Blumen wurden auf dem Dach festgebunden. Ich hatte eine leichte Erkältung und konnte mich vorne hinter den Fahrer setzen was eine Fehlentscheidung war. Dieser hatte die ganze Zeit sein Fenster offen was mir offensichtlich nicht gut tat.
Wir folgten die Route 45 über Puerto Caicedo, Puerto Umbria nach Villa Garzón. Für diese 140 km brauchten wir fast vier Stunden. In Santa Ana machte der Bus eine halbe Stunde Rast, wo wir ein wenig für unser leiblich Wohl sorgen konnten und natürlich auch die Blase entleerten. Am Flughafen, ein kleiner Regionalflughafen wie es wohl über 270 in Kolumbien gibt stiegen wir aus und ließen den Bus ohne uns weiterfahren.
Nidia hatte sich wohl hier mit einem Verwandten verabredet. Leider war keiner vor Ort. Sie telefonierte bzw. versuchte offensichtlich zu telefonieren. Ich nutzte die Zeit und kaufte mir gepressten Zuckerrohrsaft von einem Händler, der mit seiner Maschine diesen unmittelbar an der Strasse herstellte. Da Nidia offensichtlich niemanden erreichte ging sie nervös ins Flughafengebäude. Ich wartete so ca. 45 Minuten in dem Straßenrestaurant unmittelbar gegenüber den Flughafengebäude, aß ein paar Empanadas und trank einen Kaffee und ein Bier. Nachdem sie unverrichteter Dinge zurückkam, mussten wir ein privates Taxi nehmen der uns die restlichen 25 km nach Mocoa brachte. Dafür haben wir aber auch wieder 45 Minuten gebraucht. Viel habe ich von der Natur nicht gesehen, da es mittlerweile Dunkel war.
Wir wurden sehr herzlich von Nidia ihrer Schwester und dessen Mann begrüßt. Meine Enttäuschung war ziemlich groß. Ich hatte einen Eingeborenen erwartet mit den dort typischen aus Bambus gebauten Häuser und mit Palmenblättern bedeckten Dächern. Stattdessen ein einstöckiges gemauertes mit Wellblech bedecktes durchaus modernes Wohnaus. Vier Schlafzimmer, Wohnzimmer und große Küche mit durchsichtigen Plastedach. Hinter dem Haus, ein großer Garten mit den unterschiedlichsten Obstbäumen. Dusche, Toilette außer Haus. Ein Teil dieses Bereiches war überdacht, so dass man auch im Regen draußen sitzen konnte. Was nicht fehlte, waren Hühner.
Ich hatte eigentlich die Hoffnung nach dem Abendessen schlafen gehen zu können. Diese Hoffnung wurde aber schnell zerschlagen als eine Cousine von Nidia kam. Kurzerhand schnappte sie uns und wir fuhren zu ihr nach Hause. Als wir ankamen waren schon etwa 7 des Familienclans anwesend die im kleinen Kreis in der Küche versammelt waren. Wir wurden herzlich begrüßt und mir gleich ein Bier in die Hand gedrückt. Nidia war glücklich ihre Verwalte zu sehe. Innerhalb der nächsten dreiviertel Stunde war der Raum bis 30 Personen angefüllt. Es ging sehr lustig zu. Plötzlich fingen sie an bei lauter Musik zu tanzen und zu singen. Leider wurde ich dabei nicht ausgelassen. Ich musste mittanzen. Zwischendurch kamen Fragen zu meinem Land, meiner Kultur und welche Musik gespielt wird. So unmusikalisch wie ich bin suchte ich auf meinen Handy Musik von den Puhdys Karat und andere Gruppen meiner Jugendzeit. Als ich dann, auch noch bayrische Blasmusik und Trachtentänze zeigte, war im Raum die Hölle los. Im allen ein gelungener schöne Abend an dem ich mich gerne zurück erinnern werde.