Ecuador/Kolumbien in Zeiten der Corona

Tag 10

Ich habe heute ein wenig länger geschlafen. Nidia sitzt wohl schon seit Stunden am Laptop und unterrichtet ihre Kinder. Da sollte sich mal unser Bildungsministerium ein wenig Erfahrungen holen. Unsere Schulen top ausgerüstet und hochqualifizierte Lehrkräfte schaffen das nicht, ihre Schüler zu Hause zu unterrichten. Mit Laptop und Handy funktioniert das einwandfrei. Dabei dient das Laptop als Schultafel. Nidia bereitet darauf den Unterricht vor. Detailliert wird der Unterrichtsstoff aufgearbeitet und grafisch dargestellt. Dazu nutzt sie durch das Bildungsministerium extra bereitgestellte Software. Mit dem Handy überträgt sie diese Daten und hat mit jeden Schüler Bildkontakt und kann jeden einzelnen Ansprechen. Grundlage ist dabei WhatsApp und Microsoft Teams. Ab und zu höre ich sie schimpfen. Sie hat wohl Schwierigkeiten mit dem Laptop, den ich ihr aus Deutschland mitgebracht habe und das Betriebssystem und Office auf Deutsch läuft.

Das Hauptproblem mit den Nidia zu kämpfen hat ist, dass nicht alle Schüler einen Internetanschluß haben. Handy scheint kein großes Problem zu sein. Ich habe schon frühzeitig festgestellt, dass fast jeder über ein Handy besitzt. Auch wenn er nichts zu essen hat, Handy hat er. Mit der Kleidung sieht es ähnlich aus. Die meisten legt großen Wert auf das äußere. Lieber verzichtet man auf das Essen aber undenkbar mit verschmutzter oder defekter Kleidung auf die Strasse zu gehen. Hier beweist sich wieder das große Herz von Nidia, sie bezahlt monatlich 50 Dollar aus ihrer eigenen Tasche um für diejenigen Schüler, die keinen Internetzugang besitzen den Zugang ermöglichen. Als ich davon meine Kinder erzählte entschlossen sie sich spontan diese Kosten zu unternehmen.

Ich selbst verbrachte meinen Vormittag damit mich im Garten umzusehen. Der Hausherr, Nidias Schwager ein ehemaliger Bauer, der seine Finka auf Grund gesundheitliche Probleme verpachtet, erklärt mir sehr geduldig die Pflanzen auf seinem Grundstück. Er hat alles Mögliche im Garten die für die Küche nutzbar sind. Von Bananen über Avocados bis hin zu Ananas. Direkt am Haus ein Obstbaum mit grünen Früchten so groß wie ein Ball, rundum mit Stacheln übersäht. Er nannte mir den Namen, den ich mittlerweile aber wieder vergessen habe. Ich habe sie auch schon in den Geschäften gesehen und weiß das man daraus Saft macht. Er zeigt mir auch einen Strauch und schmunzelt erzählt er, dass es ein Kokastrauch sei. Erklärte mir welche Blätter sich zum Kauen eignen. Diese werden durch einheimische Arbeiter gerne genommen. Kokablätter werden traditionell zusammen mit einer basischen Substanz wie Kalk oder Asche im Mund zwischen die Wange und die Zähne gelegt. Sie werden auch gekaut oder als Tee (Mate de coca) zubereitet. Der Kalk hat einen Einfluss auf die Freisetzung der Alkaloide. Die Enzyme dieser Pflanze unterdrücken das Hungergefühl.

Die Koka-Anbaufläche hat in Kolumbien ein Rekordhoch erreicht. Das meldet das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Demnach ist die Fläche in Kolumbien 2017 um 17 Prozent auf 2170 Quadratkilometer oder 171.000 Hektar angewachsen. Dies entspreche einer potenziellen Kokablätterernte, aus der knapp 1400 Tonnen Kokastrauchgewonnen werden könnten. Das bedeute eine Steigerung von 31 Prozent im Vergleich zu 2016, wie der in Bogotá veröffentlichte Bericht zeigt. Der Marktwert dieser Drogenmenge betrage in Kolumbien 2,7 Milliarden Dollar (2,3 Mrd. Euro). Hauptanbaugebiet bleibt die südwestliche Provinz Nariño an der Grenze zu Ecuador. Drogenbanden und Gruppen abtrünniger Mitglieder der ehemaligen Farc-Guerilla streiten um die Kontrolle über die Region. Die kolumbianischen Sicherheitskräfte beschlagnahmten 2017 insgesamt 435 Tonnen Kokain.

Nachdem Nidia den Unterricht beendet hat meint sie das wir eine Verwandte besuchen gehen, um ihr die Blumen vorbeizubringen. Richtig, die Blumen, die bereits den vierten Tag in den Plastesack eingewickelt sind. Im Stillen dachte ich mir, diese wird sie wegschmeißen können. Na gut, mit einem Taxi fahren wir zu ihrer Verwandten. Keine Wohnung, ein kleines Geschäft für Geschenke. Die Rosen, entgegen meiner Erwartung noch sehr gut erhalten und frisch, werden hier in den Geschenken eingearbeitet. Warum die Rosen gerade aus Ecuador mitgebracht wurden, kann ich nicht beantworten. Heute beschäftigt die Blumenindustrie Kolumbiens 75.000 Arbeiter. 5000 ha Plantagenfläche wurden bisher angelegt. Kolumbien ist mit einem Weltanteil von 14,1% größter Blumenexporteur der Welt.

Anschließend, nachdem beide Damen ausführlich Gedankenaustausch betrieben, gingen wir wieder zu unserer Unterkunft wo wir bereits von „mojn, mojn“ erwartet wurden. „Mojn, mojn“ mein Spitzname für sie, weil sie immer so Anwesende begrüßte, war die Cousine, die uns gestern abholte. Irgendwann erklärte ich ihr das „mojn“ Synonym in Hamburg für „Guten Morgen“ ist. Diesmal fuhren wir zu einem Supermarkt und kauften für ein Begrüßungsfest was am Abend stattfinden soll ein. Wohl vermerkt – es war 18:00 Uhr.

Gegen 19:00 Uhr kamen die ersten Stammesmitglieder. In kurzer Zeit waren in der Küche etwa 10 weibliche Personen anwesend die sich anfallende Küchen arbeiten aufteilten. Zwiebel schälen, Kartoffeln waschen, Fleisch einlegen, Salat zubereiten. Im Garten wurde durch ihnen der Grill angezündet und kurze Zeit später brutzelten die ersten Steaks darauf. Was für Steaks, XXXL Größen. Die Männer hielten sich im Hintergrund. Außer Bier wurde kein Alkohol getrunken, was mir schon öfters bei ähnlichen Angelegenheiten auffiel.

Scherzhaft machte ich die Bemerkung das ich ein wenig enttäuscht bin. Ich habe erwartet Naturprodukte vorgesetzt zu bekommen wie Gürteltier, Schildkröten, Affe und ähnliches. Eine von den anwesenden Damen meinte lächelnd, das kann ich gerne haben. Es war ein sehr lustiger Abend.

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